Migration

Briefing: Europäisches Parlament fordert schnellere Umverteilung

UMVERTEILUNG VON FLÜCHTLINGEN

Europäisches Parlament fordert schnellere Umverteilung

Das Europäische Parlament hat heute mit großer Mehrheit einen Bericht von Ska Keller zur Umverteilung von Flüchtlingen in der EU beschlossen. Das Parlament fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, ihre Quoten zu erfüllen und Flüchtlingen aus Griechenland und Italien aufzunehmen.

Das Briefing gibt es auch als pdf-Download auf Deutsch und Englisch.

Kernforderungen des Europäischen Parlaments

  • Die Mitgliedstaaten müssen ihre Verpflichtung, gemeinsam für Flüchtlinge in Europa Verantwortung zu übernehmen, erfüllen und 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien aufnehmen. Es ist eine armselige Bilanz, dass bisher nicht einmal drei Prozent der Flüchtlinge umverteilt wurden.
  • Die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU darf dem EU-Türkei-Pakt nicht geopfert werden. Italien und vor allem Griechenland sind auf die Unterstützung und Solidarität durch andere Mitgliedstaaten angewiesen. Griechenland ist mit der großen Zahl von Schutzsuchenden nach wie vor überfordert. In Italien ist die Zahl Asylsuchender immer noch sehr hoch.
  • Die Mitgliedstaaten müssen stattdessen mehr sichere und legale Wege für Flüchtlinge nach Europa schaffen. Sie müssen Umsiedlung und Programme zur humanitären Aufnahme von Flüchtlingen aus Ländern wir der Türkei oder dem Libanon, in denen die meisten Flüchtlinge leben, erheblich ausweiten.
  • Die Mitgliedstaaten müssen mehr dafür tun, dass die Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien besser funktioniert. Sie müssen bis Jahresende mindestens ein Drittel der insgesamt 160.000 Umverteilungsplätze zur Verfügung stellen. Auch die Verfahren müssen beschleunigt werden.
  • Neben Flüchtlingen aus Syrien und Eritrea müssen auch Schutzsuchende aus Afghanistan in das Umverteilungsprogramm aufgenommen werden. Jede*r  fünfte Asylsuchende in Griechenland kommt aus Afghanistan, viele sind Minderjährige, die alleine fliehen mussten.

Hintergrund

Vor einem Jahr, zu Hochzeiten der sogenannten Flüchtlingskrise, haben sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien umzuverteilen. Obwohl die Entscheidung umstritten war, wurde sie von einer großen Mehrheit der Mitgliedstaaten mitgetragen.

Bei der Umsetzung hapert es jedoch gewaltig. Kein einziger Mitgliedstaat kommt seiner Verpflichtung auch nur annähernd nach. Eine EU-Länder (Österreich, Ungarn und Polen) haben bisher keinen einzigen Flüchtling aus Griechenland oder Italien aufgenommen, andere (Bulgarien, Tschechien, Slowakei) nur eine Handvoll. Selbst die Bundesregierung erfüllt bisher weniger als ein Prozent ihrer Quote, obwohl sie sich für die Umverteilung eingesetzt hatte. Nur wenige Mitgliedstaaten nehmen überhaupt regelmäßig eine kleine Zahl von Flüchtlingen auf (Finnland, Frankreich, Niederland und Portugal).

Die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission wollen jetzt außerdem rund ein Drittel (54.000) der Umverteilungsplätze für den EU-Türkei-Pakt abzweigen. Die Plätze sollen direkt in die menschenrechtswidrige „Eins-zu-eins“-Regelung des Türkei-Pakts fließen. Die Regelung ist das Kernstück des Pakts und schreibt fest, dass alle syrischen Flüchtlinge, die aus der Türkei in Griechenland ankommen, wieder zurückgeschickt werden, und dass Europa dafür in gleicher Zahl syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei aufnimmt. Weil sich die Mitgliedstaaten im Zuge des Türkei-Deals nicht darauf einigen konnten, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, wollen sie jetzt 54.000 Plätze, die ursprünglich für die Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien geplant waren, für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge aus der Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Pakts verwenden.

Weitere Probleme bei der Umverteilung sind: Die Verfahren dauern viel zu lange, häufig Monate, weil die Mitgliedstaaten auf exzessiven Sicherheitsüberprüfungen bestehen. Außerdem fallen Flüchtlinge aus Afghanistan nicht unter die Umverteilung, obwohl sie zur größten Gruppen von Asylsuchenden in Griechenland gehören. Viele Flüchtlinge aus Afghanistan sind fliehende Kinder und Jugendliche ohne Begleitung, die eine besonders intensive Betreuung bräuchten. Griechenland ist damit überfordert.

Die Komission veröffentlicht hier regelmäßig neue Zahlen, wie die Umverteilung pro Mitgliedsstaat umgesetzt wird.

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