Handel und Globale Gerechtigkeit

Neues zu Handels- und Entwicklungspolitik: Edition Oktober 2015

1. TTIP- Verhandlungsrunde: Keine wirklichen Fortschritte

In dieser Woche fand die 11. Verhandlungsrunde über das transatlantische Handelsabkommen TTIP in Miami statt. Es wurde erwartet, dass die Verhandlungen nach dem erfolgreichen Abschluss des transpazifischen Handelsabkommens TPP nun an Geschwindigkeit aufnehmen.  Denn bisher hatte sich die US-amerikanische Seite stark auf den Abschluss des Abkommens mit den elf Anrainerstaaten des Pazifiks konzentriert. Dem ist allerdings nicht so - vielmehr sind die Verhandlungen sogar ins Stocken geraten. Warum? Die EU hat gerade bei landwirtschaftlichen Produkten höhere Zölle als die USA. Auf Milchprodukte stehen z.B. 53% Zoll. Die USA wollen diese hohen Zölle herunterdrücken, um ihre Produkte besser auf dem europäischen Markt verkaufen zu können. Zudem gibt es noch den Gegensatz zwischen der EU-Forderung nach der Öffnung der „öffentlichen Beschaffung“ in den USA für europäische Unternehmen und dem Beharren der USA auf ein besseres Angebot der EU im Dienstleistungsbereich. Die US-Seite hat derweil ihr Kapitel für die regulatorische Kooperation vorgelegt - leider können jedoch die konsolidierten Texte selbst von Abgeordneten des Europaparlaments nicht eingesehen werden. Gar nicht erst diskutiert wurde in der aktuellen Verhandlungsrunde über den umstrittenen Investorenschutz. Hier möchte die EU für die nächste Verhandlungsrunde den USA einen Vorschlag unterbreiten. Allerdings ist noch nicht einmal ein Datum für diese Verhandlungsrunde angesetzt.

2. Kein großer Wurf: Die neue Handelsstrategie der Kommission

Die EU-Kommissarin für internationalen Handel, Cecilia Malmström, stellte kürzlich nach einem Jahr im Amt ihre neue Handelsstrategie für die EU vor. Es ist eine umfassendes Papier, das Malmström vorgelegt hat und eines, das nicht mehr nur vom Diktum der Liberalisierung und des Freihandels bestimmt ist. Ein zentrales Element der Strategie ist die Orientierung an globalen Produktionsketten. Doch  leider bleibt die Kommission an vielen Stellen widersprüchlich. So gibt es z.B. kein Konzept für ein multilaterales und verbindliches Regelungswerk für Produktionsketten. Im Gegenteil, die Kommission forciert weiterhin eine Handelspolitik der bilateralen und plurilateralen Handelsverträge und hat angekündigt unter anderem mit Australien, Neuseeland und den Philippinen neue Verträge aushandeln zu wollen. Damit betreibt die Europäische Union eine Zerstückelung des Welthandels und untergräbt den Multilateralismus. Gerade im Zuge der Debatte um die Fluchtursachen muss Handelspolitik anders betrachtet werden. Ziel muss es sein, durch Handelspolitik nachhaltige, eigenverantwortliche und demokratische Entwicklungen zu unterstützen.

3. Vorsicht: Staatliches Handeln wird eingeschränkt. Der Bericht zum plurilateralen Dienstleistungsabkommen TiSA

Für den Bericht des Europaparlaments zum TiSA-Abkommen liegt nur ein erster Entwurf vor. Er enthält gute Forderungen, wie z.B. die komplette Herausnahme der öffentlichen Dienstleistungen aus den TISA-Verhandlungen. Doch leider sind viele wichtige Punkte zu wenig berücksichtigt:

  • Im Entwurf werden immer noch die Hybridlisten und die sogenannten Stillhalte- und Sperrklinkenklauseln unterstützt. Diese stoßen eine Dynamik der  Liberalisierung an, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. Deswegen müssen wir dagegen halten.
  •  Das staatliche Recht auf Regulierung wird nicht ausreichend geschützt, dieses soll im Lichte des Vertragswerks lediglich  anerkannt werden. Wir fordern, dass das Recht auf Regulierung durchsetzbar sein muss.
  • Das Kapitel zu innerstaatlichen Regulierungen ist brandgefährlich. Hier könnte die Handlungsfähigkeit des Staates konkret eingeschränkt werden, denn viele staatliche Regulierungsmaßnahmen sollen nur noch möglich sein, wenn sie den internationalen Handel nicht behindern.

Wir wollen kein TiSA, sondern die Wiederbelebung der Verhandlungen im multilateralen Rahmen. Gerade die Interessen der sogenannten Entwicklungsländer müssen mehr berücksichtigt werden. Dieses Ziel muss klar sein. Leider bleibt die Informationspolitik rund um TiSA schlecht. Zwar sehen die Abgeordneten des Europaparlaments die Verhandlungstexte, doch dürfen sie die Informationen nicht nach außen kommunizieren. Die Öffentlichkeit muss aber ebenso informiert sein wie diejenigen, die diese Texte aushandeln.

Bis zum 30. Oktober können wir aktuell noch Änderungsanträge für den Bericht zu TiSA einreichen. Die Abstimmung über den Bericht soll am 10. Dezember im Handelsausschuss stattfinden.

Eine etwas ausführlichere Kritik des TiSA-Abkommens hat Ska für den Deutschen Beamtenbund geschrieben. Diese findet ihr hier.