Handel und Globale Gerechtigkeit

Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU

Bald treten die Handelsabkommen mit den Staaten des südlichen Afrikas, den Westafrikanischen Staaten und Kamerun in Kraft – ein Rückschlag für die EU-Entwicklungspolitik

 

Schon seit mehr als 10 Jahren verhandelt die EU Kommission mit den Staaten des Pazifiks, der Karibik und Afrikas (AKP-Staaten, fast alles ehemalige Kolonien) über eine Neuordnung der Handelsbeziehungen. Die EU möchte die alten Rahmenbedingungen ändern, die diesen Staaten präferierten Zugang zum EU-Markt verschafft haben, ohne dass die EU den gleichen Zugang eingefordert hat. Das ist den FreihändlerInnen und WirtschaftsvertreterInnen schon länger ein Dorn im Auge. Die meisten AKP-Länder erleben seit geraumer Zeit ein stetiges Wachstum und der Zugang zu diesen Märkten und v.a. den Rohstoffen dort wird immer wichtiger. Deshalb soll es bald neue Abkommen geben, die auf dem Prinzip der Reziprozität aufbauen, also beiden Handelspartner die gleichen Rechte einräumen. Das sind die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, im Englischen: EPAs (Economic Partnership Agreements).

Gegen diese Entwicklungen sträubten sich allerdings die Partnerländer. Denn für diese würde es bedeuten, dass sie gerade in Schwung gekommene Industriesektoren nicht mehr schützen und aufbauen könnten; es würde bedeuten, dass die subventionierten landwirtschaftlichen Produkte der EU ihre Märkte überschwemmen und den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die oft einen Großteil der Bevölkerung ausmachen, das Wasser abgegraben würde. Zusätzlich soll auch über eine Liberalisierung verschiedener Sektoren der Wirtschaft verhandelt werden. Öffentliche Dienstleistungen, Kapitalströme und öffentliche Beschaffung stehen zur Disposition.

Die EU erhöhte den Druck - Jetzt kam es zum Abschluss der Verhandlungen

Die Staaten wehrten sich gegen eine solche Bedrohung der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb kamen die Verhandlungen 10 Jahre lang nicht voran. Nun hat die EU die Daumenschrauben angezogen. Rat und Parlament beschlossen im September 2013 gegen die Stimmen der Grünen und Linken, dass AKP-Staaten, die sich nicht um Fortschritt in den EPA-Verhandlungen bemühen, der erleichterte Marktzugang entzogen werden soll. Für viele afrikanische Staaten ist die EU aber der größte Haupthandelspartner. Nun stehen die Abkommen mit den Staaten des südlichen Afrikas und mit den westafrikanischen Staaten kurz vor dem Abschluss, das Abkommen mit den "Zentralafrikanischen Staaten", de facto nur Kamerun, wird sogar seit Ende Juli 2014 umgesetzt. Das ist ein Schock für all jene, die sich seit Jahren für eine gerechte Welthandelsordnung einsetzen. Diese Abkommen führen nicht dazu, dass die Menschen in den Partnerländern sich von der Armut befreien können. Vielmehr bringen sie lokale Ökonomien in Gefahr und schwächen die Partnerstaaten. Durch den Wegfall der Zölle verlieren die Staaten wichtige Einnahmequellen und auch Regulierungsmöglichkeiten, um die eigenen Entwicklung zu steuern. Die EU Kommission konterkariert damit ihre eigenen Bemühungen in der Entwicklungspolitik.

Ein Überblick über die EPA-Verhandlungen

Hier ein Überblick zu den EPA-Verhandlungen der EU-Kommission. Sie hat die AKP Staaten in unterschiedliche Gebiete aufgeteilt, so dass ihre relative Verhandlungsmacht schwächer wird.

• Mit den Staaten Westafrikas (ECOWAS) erreichte die EU-Kommission am 16 Juli eine Einigung und das Abkommen muss nun noch vom Europäischen Parlament ratifiziert werden. Bisher sind diesem Abkommen nur die Elfenbeinküste und Ghana beigetreten.
• Das gleiche gilt für das Abkommen mit allen die Staaten des südlichen Afrikas (SADAC), auch hier wird nur noch auf die Zustimmung des Europäischen Parlaments gewartet.
• Mit den Staaten Zentralafrikas (ECCAS) sind die Verhandlungen abgeschlossen und das Europaparlament hat schon im Juni 2013 zugestimmt. Nachdem nun auch Kamerun Ende Juli 2014 zugestimmt hat, tritt das Abkommen in Kraft. Die Kommission nennt dieses Abkommen immer noch "EPA mit den Zentralafrikanischen Staaten", obwohl bisher nur Kamerun dem Abkommen beigetreten ist.
• Mit den Staaten Ostafrikas (EAC) laufen die Verhandlungen noch. Nach von Ostafrikanischen Unterhändlern wehren sich die Regierungen der Staaten Ostafrikas gegen ein Abkommen weil sie ihre jungen Industrien nicht in Gefahr bringen wollen.
• Mit den Pazifischen Staaten wurde ein Abkommen abgeschlossen und ist seit 2011 in Kraft. Allerdings handelt es sich auch hier nur um ein Abkommen mit Papua-Neuguinea. Die Fidji-Inseln, welche das Abkommen auch unterzeichnet haben, möchten dieses nun auch anwenden. Da die Menschen auf den Fidji-Inseln allerdings unter einer Militärdiktatur leben müssen, erachten wir es als schwierig, diese Diktatur auch noch mit einem Handelsabkommen zu stützen.
• Das EPA mit den südöstlichen Staaten Afrikas (ESA) wird seit Mai 2012 umgesetzt. Es betrifft die Staaten Mauritius, die Seychellen, Simbabwe und Madagaskar
Das Abkommen mit den Karibischen Staaten (Cariforum) ist abgeschlossen und wird seit 2009 angewendet. Allerdings haben es die Mitgliedsstaaten der EU noch nicht alle ratifiziert.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Wirtschaftsabkommen mit Kamerun tritt nun in Kraft. Die Abkommen mit Westafrika und den Staaten des südlichen Afrikas müssen noch in juristisch korrekte Sprache umgesezt werden und kommen dann wahrscheinlich im Frühjahr 2015 ins Europaparlament und müssen dort abgestimmt werden. Falls das Parlament die Abkommen bestätigt, treten diese in Kraft und werden ad-interim angewendet. Dann müssen noch alle 28 Mitgliedsstaaten der EU zustimmen, allerdings hält das die Kommission nicht davon ab die Abkommen dennoch anzuwenden.

Was machen die Grünen?

Wir Grüne sprechen uns gegen diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aus. Die EU-Kommission hat die Partnerländer stark unter Druck gesetzt und ist nur so zu einem Abschluss der Verhandlungen gekommen. Mit den EPAs verlieren die Länder des Südens die Möglichkeit, gerade erst entstehende Märkte ausreichend schützen zu können. Sie sind gezwungen, bis zu 75 Prozent ihrer Märkte zu öffnen und die heimische Industrie hat gegen eingeführte Europäische Produkte oft keine Chance. Das steht im Gegensatz zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, an die die EU vertraglich gebunden ist. Zudem werden die Abkommen keine Vereinbarungen über das Einhalten von Menschenrechten oder Nachhaltige Entwicklung beinhalten, obwohl dies bei anderen Handelsabkommen der Fall ist. Statt einem liberalisierten Handel der Entwicklungsinteressen widerspricht fordern wir eine echte Partnerschaft im Interesse der Entwicklung mit Marktzugangschancen für die Länder des Südens. Diese müssen die Möglichkeit haben, ihre wirtschaftliche Entwicklung zu regulieren und Steuern einzunehmen und dazu gehören auch Zölle.

Deswegen werden wir im Europaparlament dafür einsetzen, dass diese Abkommen abgelehnt werden.