Handel und Globale Gerechtigkeit

Den globalen Handel neu gestalten!

Dieser Gastbeitrag von Ska wurde am 16.03.2017 in der Welt veröffentlicht und ist unter folgendem Link abrufbar.

Die EU steckt in der Defensive, und wir müssen sie neu erkämpfen. Marine Le Pen und ihre Anhänger im Geiste von der AfD, Ukip und FPÖ blasen zum Angriff auf die Union. Ihrem Brexit-Triumph wollen sie weitere folgen lassen, sie träumen vom Europa der Vaterländer. Dabei müssen die Rechtsnationalen und Populisten noch nicht einmal Wahlen gewinnen, um die EU zu spalten. Ihr Erfolg lässt etablierte Parteien von der EU abrücken oder sich wegducken.

Wir rücken nicht ab von der EU und verteidigen sie und ihren Erfolg: Frieden und Reisefreiheit, Erasmus, gemeinsame Umweltstandards und Fortschritte beim Verbraucherschutz, Kampf für Rechtsstaat und Demokratie und vieles mehr. Zu unserem „Ja zu Europa“ gehört die Bereitschaft, ihre Institutionen weiter zu stärken, aber auch unser Anspruch auf einen entschlossenen Richtungswechsel – hin zu gemeinsamen Investitionen und Steuergerechtigkeit und weg von Kaputtsparpolitik und einseitiger Deregulierung. Denn es waren auch die eigenen politischen Fehler, die die EU in die Defensive gebracht haben. Daher wollen wir den Politikwechsel hin zu einer EU, die die Risiken der Globalisierung ernster nimmt: die Angst der Menschen vor Arbeitsplatzverlust und ausgehöhlte Umweltstandards. Die Globalisierung steuern – so lautet die Alternative zur aggressiven Rhetorik der Populisten, die den Bürgern nationale Scheinlösungen vorgaukeln.

Zum Politikwechsel in der EU gehört es auch, dem schädlichen Steuerwettbewerb zwischen den EU-Mitgliedstaaten ein Ende zu bereiten und gemeinsam gegen internationale Steuerflucht vorzugehen. Wie wollen wir denn das Vertrauen in die EU stärken und den gemeinsamen Binnenmarkt verteidigen, wenn es Unternehmen weiterhin gelingt, mithilfe von Steuerparadiesen und Steuerprivilegien die Gesellschaft um ihren fairen Beitrag zum Allgemeinwohl zu betrügen? Einzelne Staaten stehen den global agierenden Unternehmen machtlos gegenüber. Effektive Besteuerung geht nur europäisch.
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Lasst uns die Kaputtsparpolitik beenden, die die soziale Krise im Süden Europas massiv verschärft hat. Anstatt die fragile wirtschaftliche Erholung durch immer neue rigide Haushaltskürzungen zu ersticken, muss die EU durch gemeinsame Investitionen zur wirtschaftlichen Dynamik in allen Teilen Europas beitragen. Anders als uns Finanzminister Schäuble glauben machen will, haben wir doch längst verstanden, dass im Binnenmarkt der EU alle davon profitieren, wenn sich die schwächeren Staaten ökonomisch erholen. Lasst uns doch endlich danach handeln und gemeinsam in die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der EU investieren – für eine intelligente und klimafreundliche Wirtschaft, die Menschen in zukunftsfähige Jobs bringt.

Die EU bietet die Chance, den globalen Handel neu zu gestalten. Eben weil wir Europäer gemeinsam stärker sind, kann die EU international Arbeitsstandards sichern oder auf die Einhaltung des Umweltschutzes drängen. Lasst uns diese Chance konsequent wahrnehmen, anstatt Handelsabkommen zu beschließen, die die Deregulierung vorantreiben, die kommunale Selbstverwaltung beschränken oder Verbraucherrechte beschneiden. Unsere Vision von einem fairen Welthandel ist die Gegenthese zur neuen national-zentrierten Wirtschaftspolitik der neuen und alten Autokraten, die „my country first“ schreien. Zu unserer Politik, die Brücken baut, anstatt Mauern zu errichten, gehört eine Flüchtlingspolitik, die den Schutz der Menschen in den Mittelpunkt stellt; die nicht Flüchtlinge bekämpft, sondern Fluchtursachen.

Werden wir müde, die EU zu verteidigen, drohen wir die größte Erfolgsgeschichte unseres Kontinents zu verlieren. Sie wirksam zu verteidigen heißt, sie solidarischer zu machen und nachhaltiger zu gestalten. Lasst uns diese Chance nutzen und das Vertrauen der Menschen in unsere gemeinsame Zukunft in der EU zurückgewinnen.