Handel und Globale Gerechtigkeit

Neues zur Handels- und Entwicklungspolitik aus dem Europaparlament: August 2016

CETA: Wie geht’s weiter?

Die Kommission hat entschieden, dass  das Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA, ein gemischtes Abkommen ist und deshalb in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union abgestimmt werden soll. Das ist vor allem ein Erfolg der Zivilgesellschaft, die über Jahre hin Druck aufgebaut haben, dieses Abkommen in einem vollumfänglichen Prozess zu beschließen. Aber wie geht es jetzt weiter?

EU Staats- und Regierungschefs müssen zustimmen: Als nächstens müssen die Staats- und Regierungschefs der EU der Unterzeichnung des CETA-Abkommens zustimmen. Schon dann könnte eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten das CETA-Abkommen stoppen. Die Zustimmung ist notwendig, damit die Kommission offiziell auf dem EU-Kanada Gipfel am 27. Oktober das Abkommen unterzeichnen kann.

Abstimmung im Europäischen Parlament: Dem Europaparlament wird nach der Unterzeichnung des CETA-Abkommens die Ratifikation durchführen. Die Mehrheit der Abgeordneten muss dem Vertrag zustimmen. Der frühestmögliche Zeitpunkt für so diese Unterzeichnung ist der Dezember diesen Jahres, wir erwarten allerdings eine Unterzeichnung erst ab Februar 2017. 

Vorläufige Anwendung: Die Staats- und Regierungschefs müssen auch darüber entscheiden, ob das CETA-Abkommen vorläufig angewendet werden soll, das bedeutet, dass die Regeln des CETAs direkt nach der Abstimmung im Europaparlament angewendet werden und die vollständige Ratifikation durch die Mitgliedsstaaten nicht abgewartet werden muss. Diese Entscheidung kann schon im September passieren, allerdings auch später. Bisher schlägt die Kommission vor, dass komplette Abkommen direkt nach der Abstimmung im Europaparlament anzuwenden.

Wir sind gegen eine vorläufige Anwendung denn das Abkommen muss vom Europaparlament und den Parlamenten der Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Es schon vor der Beendigung der Ratifikation anzuwenden düpiert die nationalen Parlamente. Gleichzeitig entstehen aus einer vorläufigen Anwendung schon Ansprüche für Investoren, die ihnen auch bei einer Ablehnung des Abkommens durch die nationalen Parlamente nicht wieder genommen werden können. So würden zum Beispiel Investoren das Recht bekommen, die umstrittenen Schiedsgerichte (ISDS) noch 3 Jahre nach einem Scheitern von CETA in Anspruch zu nehmen. 

Demokratisch am schwierigsten ist allerdings, dass selbst wenn ein oder mehrere Parlamente gegen CETA stimmen und es zu keiner Ratifikation kommt, das Abkommen auf Ewigkeit vorläufig angewendet werden kann. Nur durch einen mehrheitlichen Beschluss der Staats- und Regierungschefs der EU kann die vorläufige Anwendung wieder aufgehoben werden.


TTIP: Abbruch? Wirklich?

Es ist wahr, die Verhandlungen zu TTIP ziehen sich in die Länge und es scheint keine "Fortschritte" im Bereich des Zugangs von  EU-Unternehmen zu öffentlichen Ausschreibungen in den USA, im Bereich des Marktzugangs von US-Unternehmen zu öffentlichen Dienstleistungen in der EU und zum gesamten Investorenschutz zu  geben. Dass die Verhandlungen nun von verschiedenen offiziellen Stellen als gescheitert dargestellt wurden, ist wohl nicht ernst zu nehmen. Hier geht es vielmehr darum das Freihandelsabkommen CETA positiv darzustellen und so zu tun als ob TTIP geopfert wird. Wenn die US-Seite der Europäischen Union dann ein Stückchen entgegen kommt, werden die Verhandlungen weitergeführt werden. Das ist unserer Einschätzung nach leider ein falscher Alarm.


Daumenschrauben wurden angezogen: Handelsabkommen mitafrikanischen Staaten

Schon seit 2002 laufen die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit verschiedenen Regionen Afrikas (sog. Economic Partnership Agreements EPAs), nun möchte die Europäische Kommission das Zustandekommen dieser Abkommen erzwingen. Sie haben eine Deadline am 1. Oktober für die Unterzeichnung durch die afrikanischen Partner gesetzt, wenn dieser nicht eingehalten wird, dann werden diese Länder ihren bevorzugten Marktzugang zur EU verlieren. Dadurch entstehen diesen Ländern riesige wirtschaftliche Verluste, laut des kenianischen Ministers für internationalen Handel würden in seinem Land bis zu 4 Mio. Jobs wegfallen. Nach dieser Androhungen haben einige Staaten angekündigt, die Freihandelsabkommen zu unterzeichnen (Kenia, Namibia, Botswana, Ghana, Swasiland, Cote d´Ivoir). Wir stellen uns klar gegen dieses erpresserische Verhalten der EU-Kommission und fordern, dass die Deadlines zurückgenommen werden.

Das Freihandelsabkommen mit den Staaten des südlichen Afrikas (SADC-EPA) steht in Plenum des Europaparlaments im September für die Ratifikation auf der Tagesordnung. Das Handelsabkommen ist für die Bauern der Region problematisch, weitere Informationen dazu gibt es in diesem Briefing.  Im Europaparlament erwarten wir leider eine Mehrheit für das Abkommen aus Konservativen, Liberalen und einer Mehrheit der Sozialdemokraten.