Meeresschutz und Fischerei

Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten (MPAs) - FAQ

Grundschleppnetzfischerei ist die Fischereipraktik mit den schlimmsten Auswirkungen auf den Meeresboden. Sie schadet Fischpopulationen, dem Klima und der Artenvielfalt im Meer. Trotzdem ist die Grundschleppnetzfischerei in Europa in Meeresschutzgebieten immer noch erlaubt - Gebieten, die den Zweck haben, die Flora und Fauna unserer Meere zu erhalten. Hier findest du Antworten auf Fragen zur Grundschleppnetzfischerei.

Was ist Grundschleppnetzfischerei?

Die Grundschleppnetzfischerei ist eine Fischereimethode, bei der schwere Netze über den Meeresboden gezogen werden, um Fische zu fangen. Die Grundschleppnetzfischerei ist eine weit verbreitete Fischereipraktik, die von kommerziellen Fischereibetrieben häufig eingesetzt wird. Für große Fischereiunternehmen ist die Grundschleppnetzfischerei rentabel, da sie große Mengen an Fischen auf einmal fangen können.

Warum wird die Grundschleppnetzfischerei in einem negativen Licht gesehen?

Es gibt einen wissenschaftlichen Konsens, der die negativen Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei eindeutig belegt. Sie trägt nicht nur zum Verlust der biologischen Vielfalt und zur Zerstörung von Lebensräumen bei, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt, die es uns erschweren, den Klimawandel einzudämmen.

Wie trägt die Grundschleppnetzfischerei zum Verlust der biologischen Vielfalt bei?

Das Ziehen großer, schwerer Netze über den Meeresboden ist effektiv, wenn man viele Fische fangen will. Aber es bedeutet auch, dass es schwieriger ist, gezielt nur bestimmte Fischarten zu fangen, die man fangen will - es ist wahrscheinlich, dass auch Fischarten, die man nicht fangen wollte, diesen riesigen Netzen in die Quere kommen und gefangen werden. Der versehentliche Fang von Fischen, die man eigentlich nicht fangen wollte, wird als “Beifang" bezeichnet und ist besonders bei Methoden wie der Grundschleppnetzfischerei ein Problem. Manchmal gehören zu den Beifängen auch gefährdete Arten, deren Populationen bereits dezimiert sind und die sich möglicherweise nie wieder erholen werden. Eine neuere Studie zeigt, dass bei der Grundschleppnetzfischerei bis zu 41 % aller wirbellosen Lebewesen am Meeresboden gefangen werden können. Darüber hinaus werden durch das Ziehen großer Netze über den Meeresboden wertvolle marine Lebensräume wie Korallenriffe und Seegraswiesen beschädigt. Dieses Ausmaß des Verlusts an biologischer Vielfalt und der Schädigung von Lebensräumen stört das empfindliche Gleichgewicht in den Meeresökosystemen und hat weitreichende Folgen für das Meeresleben insgesamt.

Wie hängt die Grundschleppnetzfischerei mit dem Klimawandel zusammen?

Es mag nicht sichtbar sein, aber der Ozean spielt eine Schlüsselrolle bei der Abschwächung des Klimawandels. Der Ozean fungiert als "Kohlenstoffsenke", indem er einen Teil des Kohlenstoffs aufnimmt, der in die Atmosphäre gelangt. Die Fähigkeit der Ozeane, Kohlenstoff zu absorbieren, hat hat unter anderem dazu geführt, dass wir die schlimmsten Folgen des Klimawandels bisher vermeiden konnten. Doch aufgrund des enormen Ausmaßes der Kohlenstoffemissionen der letzten Jahrzehnte wird es für die Ozeane immer schwieriger, so viel Kohlenstoff zu absorbieren. Die Grundschleppnetzfischerei stört die Meeressedimente und Lebensräume, die als die größten Kohlenstoffspeicher der Welt fungieren, und gibt den Kohlenstoff wieder in die Wassersäule ab. Expert*innen warnen, dass weltweit durch die Störung von zuvor ungestörtem Kohlenstoff in den Meeressedimenten durch die Schleppnetzfischerei schätzungsweise das Äquivalent von 15 bis 20 % des jährlich vom Ozean absorbierten atmosphärischen CO2 freigesetzt wird.

Wenn die Grundschleppnetzfischerei so schädlich ist, können wir die Situation doch durch die Ausweisung von Meeresschutzgebieten verbessern, oder?

Eigentlich sollte man meinen, dass es offensichtlich ist, dass ein Meeresschutzgebiet (Marine Protected Area, MPA) nicht mit einer Fischereipraxis vereinbar ist, die so viele negative Folgen für die Meeresökosysteme hat. Aber Meeresschutzgebiete existieren in Europa oft nur als "Papierparks". Während 12,4 % der Meere im Jahr 2019 als Schutzgebiete ausgewiesen wurden, waren nur 1,8 % dieser Gebiete tatsächlich geschützt - durch einen bestehenden und wirksamen Bewirtschaftungsplan. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass in 59 % der EU-Meeresschutzgebiete Grundschleppnetzfischerei betrieben wird. Eine andere Studie ergab, dass im Jahr 2020 mehr als 2,5 Millionen Stunden Grundschleppnetzfischerei in den europäischen Schutzgebieten stattfanden. Und wieder eine andere Studie zeigte, dass in mehr als zwei Dritteln der nordeuropäischen MPA die Schleppnetzfischerei innerhalb der sogenannten "geschützten" Gebiete 1,4 Mal intensiver war als außerhalb.

Was wird das Europäische Parlament dagegen unternehmen?

Diese Woche hat das Europäische Parlament einen Bericht über die nachhaltige Blue Economy angenommen. Die so genannte "blaue" Wirtschaft bezieht sich auf alle wirtschaftlichen Aktivitäten in den Ozeanen. Die Blue Economy wächst, und deshalb ist es besonders wichtig, dass sie nachhaltig verwaltet wird. Der Bericht wurde zuerst vom Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments angenommen und enthielt eine Forderung nach einem Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten. Es ist das erste Mal, dass der Fischereiausschuss, der normalerweise in Sachen Umweltschutz eher konservativ eingestellt ist, eine so ehrgeizige Forderung stellt. Bei der Abstimmung des Berichts im Plenum des Europäischen Parlaments in dieser Woche hat die Fraktion Renew Europe jedoch einen Änderungsantrag eingebracht, der diese Forderung verwässert und nur ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei in streng geschützten Gebieten fordert, was nur einen sehr geringen Prozentsatz der MPAs ausmacht. Dieser Änderungsantrag wurde leider angenommen, was bedeutet, dass der Bericht weniger ehrgeizig ist, als wir uns erhofft hatten. Unsere Fraktion Grüne/EFA hat jedoch Änderungsanträge eingereicht, die vom Plenum angenommen wurden und die den Ehrgeiz des Berichts stärken werden. Unsere Änderungsanträge verdeutlichen die negativen Auswirkungen destruktiver Fischereimethoden, fordern mehr Forschung, um den Schutz mariner Kohlenstoffsenken zu ermöglichen, und fordern die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich entschiedener für ein Verbot schädlicher Fischereipraktiken in MPAs einzusetzen.

Was geschieht nun, nachdem der Bericht angenommen wurde?

Obwohl dieser Bericht nicht rechtsverbindlich ist, sendet er ein wichtiges politisches Signal an die Europäische Kommission für künftige Rechtsvorschriften und andere Initiativen. Dies kommt gerade zur rechten Zeit, denn die Europäische Kommission plant die Veröffentlichung eines Aktionsplans zum Schutz der Fischereiressourcen und der biologischen Vielfalt im Meer, der einen detaillierten Fahrplan und präzise Maßnahmen zur Grundschleppnetzfischerei enthalten soll. Doch sobald die Europäische Kommission ihre Absicht bekannt gab, gegen die Grundschleppnetzfischerei vorzugehen, reagierten die großen Fischereilobbyisten und übten Druck auf die Kommission aus. Erst letzten Monat haben die Lobbyisten eine europäische Grundfischerei-Allianz ins Leben gerufen, die gegen wissenschaftliche Erkenntnisse argumentiert und behauptet, die Grundschleppnetzfischerei sei nachhaltig und nicht umweltschädlich.

Was kann ich als Bürger*in tun?

Du bist nicht machtlos, auch wenn es den Anschein hat, dass Lobbyist*innen einen großen Einfluss auf Entscheidungsträger*innen haben. Auch wenn das Europäische Parlament nicht ausdrücklich ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei in MPAs gefordert hat, ist dieser Bericht ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn politische Veränderungen manchmal frustrierend langsam vonstatten gehen, gibt es doch einen Wandel in der öffentlichen Meinung, ein größeres Bewusstsein dafür, wie sehr wir gesunde Ozeane brauchen und wie sehr wir aufhören müssen, auf Kosten unserer Umwelt nach Profit zu streben. Die öffentliche Meinung spielt eine wichtigere Rolle, als Sie vielleicht denken. Mehr als 150.000 Europäer*innen haben die EU aufgefordert, die Grundschleppnetzfischerei in allen Meeresschutzgebieten zu verbieten.

Und es gibt eine weitere Petition, die bereits von über 20 000 Menschen unterzeichnet wurde und die auch du unterzeichnen kannst (und mit deinen Freund*innen teilen kannst).

Deine Stimme zählt!