Meeresschutz und Fischerei

Biodiversitätsgipfel COP15: Abkommen für mehr Artenschutz

​​Im Dezember 2022 verabschiedeten mehr als 190 Länder auf einem globalen Biodiversitätsgipfel (COP 15) den Globalen Rahmen für den Schutz der biologischen Vielfalt nach 2020. Das Abkommen ist bahnbrechend und wird die globalen Maßnahmen zur biologischen Vielfalt bis 2030 prägen. Während es historisch ist, dass die Länder überhaupt eine Vereinbarung treffen konnten, steht der Inhalt auf einem anderen Blatt.

​​Im Dezember 2022 verabschiedeten mehr als 190 Länder auf einem globalen Biodiversitätsgipfel (COP 15) den Globalen Rahmen für den Schutz der biologischen Vielfalt nach 2020. Das Abkommen ist bahnbrechend und wird die globalen Maßnahmen zur biologischen Vielfalt bis 2030 steuern.

Die Vereinbarung markiert einen historischen Moment für den Schutz der biologischen Vielfalt, auf den vier Jahre lang hingearbeitet wurde. Der Biodiversitätsgipfel findet im Gegensatz zum Klimagipfel nur einmal alle zehn Jahre statt, weshalb es besonders wichtig war, sich auf ehrgeizige Maßnahmen zu einigen. Besonders weil wir uns nach Ansicht vieler Expert*innen mitten in einem Massenaussterben befinden, und weil wir wissen, dass keines der für 2020 gesetzten Biodiversitätsziele erreicht wurde, war der Druck auf die Entscheidungsträger*innen groß, es dieses Mal richtig zu machen.

Erschwerend kam hinzu, dass der Biodiversitätsgipfel eigentlich 2020 stattfinden sollte, aber wegen COVID-19 immer wieder verschoben wurde. Die Verhandlungen gestalteten sich durchweg sehr schwierig, so dass viele befürchteten, es könnte gar kein Abkommen zustande kommen, was katastrophal gewesen wäre.

Was wurde auf dem Gipfel beschlossen?

Die Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben, haben sich verpflichtet,:

  • mindestens 30 Prozent der Land- und Seeflächen bis zum Jahr 2030 unter Schutz zu stellen
  • sicherzustellen, dass bis 2030 mindestens 30 % der geschädigten Land- und Binnengewässer sowie Küsten- und Meeresökosysteme wirksam wiederhergestellt werden
  • Risiken der Umweltverschmutzung aus allen Quellen bis 2030 auf ein Niveau zu bringen, das für die biologische Vielfalt nicht schädlich ist. Das schließt die Verringerung der Risiken durch Pestizide sowie der Verringerung der Verluste durch Nährstoffe und Plastikverschmutzung ein
  • bis 2025 schrittweise Reformanreize, einschließlich Subventionen, die der biologischen Vielfalt schaden, abzuschaffen
  • einen speziellen Treuhandfonds einzurichten, um die Umsetzung des Globalen Rahmens für die biologische Vielfalt zu unterstützen. Dabei sollen die Industrieländer die internationalen Finanzmittel für die biologische Vielfalt bis 2025 auf mindestens 20 Mrd. USD pro Jahr und bis 2030 auf mindestens 30 Mrd. USD pro Jahr erhöhen
  • über ihre Fortschritte bei der Erreichung der Ziele mittels nationaler Biodiversitätspläne zu berichten
  • die Rechte indigener Völker auf ihre traditionellen Gebiete anzuerkennen und zu respektieren und sicherzustellen, dass indigene Völker ein Mitspracherecht bei der Entscheidungsfindung haben

Wie geht es jetzt weiter?

Während es historisch ist, dass die Länder überhaupt eine Vereinbarung treffen konnten, steht der Inhalt auf einem anderen Blatt. Die Vereinbarung über die globalen Biodiversitätsziele ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber wie immer liegt es nun an den Regierungen der einzelnen Staaten, dafür zu sorgen, dass diese Vereinbarung auch tatsächlich umgesetzt wird. Angesichts des alarmierenden Ausmaßes und der Geschwindigkeit, mit der der Verlust der biologischen Vielfalt voranschreitet, und angesichts der anhaltenden Klimakrise wird der Weg, den wir in diesem Jahrzehnt einschlagen, entscheidend sein. Die Verantwortung ist groß, aber es gibt reichlich Forschung und Fachwissen, die uns dabei helfen können, die Natur wirksam zu schützen und wiederherzustellen. Entscheidungsträger*innen können außerdem aus den Fehlern lernen, die auf dem letzten Biodiversitätsgipfel gemacht wurden.

Damit diese Vereinbarung ein Erfolg wird, müssen die Regierungen dafür sorgen, dass das Schutzziel von 30% in der Praxis umgesetzt wird. Die Ausweisung eines Gebiets als Schutzgebiet ist nur der erste Schritt - für Schutzgebiete müssen Pläne erstellt und ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen für eine sinnvolle Umsetzung dieser Pläne existieren. Die Fortschritte müssen überwacht und bewertet werden, und die Pläne müssen gegebenenfalls angepasst werden. Bei der Ausweisung von Schutzgebieten müssen die Regierungen Gebiete auswählen, die ökologisch repräsentativ und gut vernetzt sind, selbst wenn der Schutz dieser Gebiete geringere Gewinne für Industrien bedeutet, die vom Raubbau an der Natur profitieren. Langfristig sind die Kosten der Untätigkeit in Bezug auf die biologische Vielfalt höher als die Kosten für ihren Schutz.

Die Regierungen müssen auch sicherstellen, dass es keine Unklarheiten gibt, die zu Schlupflöchern bei der Umsetzung führen. Entscheidend ist, dass die Länder zwar über die Fortschritte bei der Erreichung der Biodiversitätsziele berichten müssen, dieser Rahmen aber nicht rechtsverbindlich ist. Deshalb müssen die Länder, die den Rahmen angenommen haben, die Ziele nun zügig in ihre eigene nationale Gesetzgebung übernehmen, damit sie verbindlich werden. Das Ziel von 30% erlaubt eine "nachhaltige Nutzung" von Schutzgebieten - dabei muss sichergestellt werden, dass es nicht zu "Greenwashing" kommt und dass menschliche Aktivitäten, die in Schutzgebieten erlaubt bleiben, der Erholung der Natur nicht in den Weg kommen. Die Formulierung zu schädlichen Subventionen ist ebenfalls nicht eindeutig genug. Es bleibt unklar, ob diese Subventionen abgeschafft, schrittweise abgebaut oder reformiert werden sollen. Die Länder müssen dringend sicherstellen, dass diese Subventionen abgeschafft werden - nur so ergreifen wir kohärente Maßnahmen für die biologische Vielfalt.

Wie steht es um den Schutz der Ozeane?

Leider standen die Ozeane nicht im Vordergrund der Diskussionen um das Abkommen. Obwohl die Ozeane einige der artenreichsten Ökosysteme unseres Planeten beherbergen und obwohl ihre Rolle bei der Wetterregulierung und der Sauerstoffproduktion für das Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung ist, werden sie in Diskussionen über die biologische Vielfalt oft nicht ausreichend berücksichtigt.

Wenn es um den Schutz der Ozeane geht, darf man allerdings nicht vergessen, dass der größte Teil der Meeresoberfläche außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit liegt und der Schutz dieser Gebiete eine separate Vereinbarung zwischen den Ländern erfordert. Die laufenden UN-Verhandlungen über ein so genanntes "Hochseeabkommen" sollten sich mit diesen Gebieten befassen, doch die letzte Verhandlungsrunde über ein solches Abkommen ist gescheitert. Die Verhandlungen sollen im März 2023 wieder aufgenommen werden, und diesmal müssen sie dringend erfolgreich sein.

Staats- und Regierungschefs müssen darüber hinaus dringend gegen die Überfischung vorgehen, nachhaltige Obergrenzen für die Fangquoten festlegen und den Kontrollrahmen für die illegale Fischerei stärken. Um zu einer wirklich nachhaltigen Fischerei zu gelangen, müssen wir auch in schonende Fischereimethoden investieren und von zerstörerischen Fangmethoden wie der Grundschleppnetzfischerei abrücken. Außerdem ist es höchste Zeit, ein weltweites Moratorium für den Tiefseebergbau zu verhängen.

Wir begrüßen das Abkommen, das auf der COP15 geschlossen wurde, vor allem angesichts des sehr schwierigen Verhandlungsprozesses, und wir werden seine Umsetzung aufmerksam verfolgen. Die EU sollte bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt eine Führungsrolle übernehmen und den Schutz der biologischen Vielfalt bei jeder politischen Entscheidung berücksichtigen.